Die Mathematik im Rhythmus




Takt: Rhythmus ist Struktur in der Zeit

Hätten wir kein Gedächtnis und kein Zeitgefühl, könnten wir keinen Rhythmus und insgesamt auch keine Musik wahrnehmen. Denn in Musik fließen Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges zusammen. Soeben gehörte Klänge, gerade wahrgenommene Töne und die Erwartung, was als Nächstes kommt, machen zusammen das musikalische Erlebnis aus. Dabei sucht das wache menschliche Gehirn permanent nach Mustern, nach vertrauten Wahrnehmungen, nach Wiederholungen.

Es ist so an gängigen Mustern orientiert, dass es subjektiv sogar Strukturen erkennt, wo objektiv gar keine sind. So werden Schläge, die in exakt gleichen Abständen aufeinander folgen, von uns als Gruppen von Tönen wahrgenommen. Abhängig vom Tempo wird zwischen drei, vier oder mehr Schlägen eine Pause wahrgenommen. Denn unser Gehirn liebt kleine gut verdauliche Rhythmus-Häppchen mehr als gleichförmige Geräusche. Es lohnt sich bei nächster Gelegenheit genau auf das Martinshorn der Feuerwehr zu achten. Es ist eine Abfolge von zwei Tönen: Tatütatütatütata. Wir machen aber meist daraus: Tatü-Tata, Tatü-Tata.

Was wir als „Takt“ in der Musik kennen ist die Unterteilung eines Stücks in Wahrnehmungseinheiten. Er ist ein gespieltes, gedachtes oder gefühltes Gruppierungsmuster gleichmäßiger Grundschläge durch die die grundlegende zeitliche Struktur eines Musikstücks entsteht. Er gruppiert und gliedert also die Zeitwahrnehmung. Das erleichtert die Orientierung. So hat ein Walzer die Taktart 3/4, hat also eine Länge von drei Viertelnoten. In der Rock- und Popmusik dominiert heute meist der 2/2- und der 4/4-Takt, im Jazz sowie in der afrikanischen und lateinamerikanischen Musik sind aber auch 5/4, 6/8 und andere Taktarten gängig. In der europäisch geprägten Musik charakterisiert meist der erste Schlag den Takt. In der afrikanischen und lateinamerikanischen Musik fehlt diese „Eins“ aber häufig, wird von Musikern und Zuhörern aber gedacht oder gefühlt. Der Takt ist aber nur ein Grundgerüst. Erst durch Betonungen und Akzentuierungen der Grundschläge sowie durch Abweichungen vom gleichmäßigen Takt entstehen interessante Rhythmen.

Intuitiv erfasst und berechnet unser Gehirn diese Unterschiede und Gesetzmäßigkeiten. Und es setzt klare Grenzen: Folgen zwei Schläge aufeinander, die länger als zwei Sekunden auseinander liegen, hört sich das für uns nicht mehr rhythmisch an. Sind die Abstände kürzer als 50 Millisekunden, also 0,05 Sekunden, werden die Schläge von den meisten Menschen nicht mehr als einzelne Ereignisse wahrgenommen. Das Hirn rechnet, erkennt Muster, trifft Prognosen, vergleicht das aktuell Gehörte mit bereits Erlebtem und bewertet ob es gefällt. Falls ja, führt das zu positiven Emotionen, Freude und Lebenslust.