Elemente des Groove




Timing: Der große „kleine Unterschied“

Ein guter Groove muss vorhersehbar sein und uns trotzdem an bestimmten Stellen überraschen. Ein einfacher, völlig exakt gespielter Rhythmus wirkt schnell langweilig, unlebendig, starr, maschinell. Musik groovt vor allem dann, wenn ein Könner spielerisch vom exakten, metronomgenauen Timing abweicht. Das kann man allerdings nicht stur eintrainieren, darin sind sich die meisten Schlagwerker einig. Dafür braucht es viel Erfahrung und Bauchgefühl – eben „Feeling“, etwas, das ein Drum-Computer nicht hat. Dabei handelt es sich um Abweichungen, die meist nicht viel mehr als 20 Millisekunden betragen – darunter wird von den meisten Menschen kein verändertes Timing. wahrgenommen.

Eine spezielle Rolle spielt solch ein abweichendes Mikrotiming beim Swing Jazz. Das klassische, rhythmische Swingmuster ist eine lange Note gefolgt von zwei kürzeren Noten, worauf wieder eine lange Note folgt und so weiter. Würde eine Band die beiden kürzeren Noten gleich lang spielen, wäre das kein Swing. Tatsächlich wird die erste kürzere Note etwas länger als die zweite gespielt. Das erzeugt ein schwingendes, federndes Rhythmusgefühl. Manchmal variiert im Swing nur der Solist sein Mikrotiming, während die Rhythmusgruppe ein regelmäßiges, swingendes Fundament schafft.

Wissenschaftler sind sich bislang nicht einig, ob oder wieweit Mikrotiming wirklich ein wichtiges Element ist, damit Musik groovt. Die Studien dazu sind teilweise widersprüchlich. Doch viele Musikerinnen und Musiker schwören auf das musikalische Spiel mit dem feinen Zeitunterschied und spielen gelegentlich absichtlich und zuverlässig kurz vor oder hinter dem exakten Beat. Im Groove-Mandala lässt sich die Wirkung dieser extrem kurzen zeitlichen Abweichungen überprüfen. Braucht man diesen kopfgesteuerten Zugang zum Phänomen „Groove“ überhaupt, um musikalisch zu „grooven“? „Nein!“, sagt der Musiker und Groove-Forscher Heinrich Klingmann klar: „Dennoch kann man mit der wissenschaftlichen Erforschung des Grooves die Hoffnung verbinden, dass dessen ‚Geheimnis‘ gelüftet wird, und dass man Erklärungen dafür erhält, welche Funktionsweisen hinter den Phänomenen wirken, die den Groove antreiben“.